Was macht die Kunst? – Ein Stimmungsbild

Plötzlich null

Künstler:innen leben meist in unsicheren Verhältnissen. Die Pandemie brachte zusätzliche Unruhe und Schwierigkeiten mit sich. Galerien und Museen waren zeitweise geschlossen. Messen, Ausstellungen und Veranstaltungen mussten verschoben werden oder wurden abgesagt. Kursangebote, eine Einnahmequelle für viele Künstler:innen, fielen oft ersatzlos aus.
Von heute auf morgen war ihr Terminkalender leer, erzählt die Malerin Anja Herzog.
Man musste sich komplett neu orientieren. Besonders schmerzhaft war die Erkenntnis, dass Kunst plötzlich völlig unwichtig zu sein schien. Nicht „systemrelevant“.
Für die meisten Künstler:innen begann ein zähes Ringen, eine Ausdauerübung.

In der Luft

 

Die Stimmung schwankte zwischen erschrocken bis abwartend. Aber auch Menschen in anderen Berufen, welche ansonsten Sicherheit gewohnt waren, waren verunsichert.
„Es liegt eine Schwere in der Luft, die bedrückend ist. Es gibt aber auch lichte Momente. Es tauchte eine Meinungsvielfalt auf, die beeindruckend ist“, so die Bildhauerin Christa Donner.
Das gesellschaftliche Miteinander, die ständig neuen Regeln, die spürbare Spaltung – all das brachte ein ungutes Gefühl. Es zeigte, dass man in einem sensiblen Gebilde lebt, dass unsere Gesellschaft durch Unerwartetes stark erschüttert werden kann.
„Das Miteinander und der Austausch schrumpfte Richtung Null“, berichtet die Künstlerin Conny Cobra, „30 Jahre erfüllte Lebensgestaltung erschien plötzlich unwirklich.“
Viele Verdienstquellen fielen von heute auf morgen weg.

Zwischen Denkzeit und Neustart

Der anfängliche Stillstand ließ aber auch Raum zur Besinnung auf die eigenen Potenziale. „Die Ruhe beim frühmorgendlichen Zeichnen im ersten Lockdown –“, so Christa Donner, „es lag eine Stille über der Landschaft, die ich vorher nicht gekannt hatte.“
Die ersten Coronahilfen liefen an den Soloselbstständigen vorbei, somit auch an den meisten Künstler:innen.
„Da griff nichts – Zuschüsse durfte man nicht für Lebenshaltung und Krankenkasse verwenden, obwohl das die zwei Dinge für die Soloselbstständigen sind“, erzählt Conny Cobra.
Man musste selbst alles in Bewegung setzen, um die Ausfälle auszugleichen, vom Kreieren von Onlineangeboten bis hin zu artfremden Tätigkeiten.
Erst durch das Förderprogramm des Bundes – „Neustart Kultur“ – konnte schließlich teilweise etwas abgefedert werden. Neben anderen Unterstützern ermöglichte die Kulturstiftung des Freistaats Sachsens mit dem „Denkzeitstipendium“ die künstlerische Arbeit in einem bestimmten Zeitraum. 
Die Porträtreihe von Dresdnern aus der Coronazeit hätte sie nicht ohne diese Förderung machen können – so die Malerin und Grafikerin Nadine Wölk.

Es bleibt nichts, außer der neuen Wege

Die Malerin Anja Herzog aus Bischofswerda fühlte sich auf sich selbst zurückgeworfen. Ihre Haupteinnahmequelle der Auftragsmalerei lag brach. 
Sie nutzte es als Chance, um in sich reinzuhören, die eigenen Gedanken „laut sein zu lassen“.
Es entstanden völlig neue Ideen. Sie organisierte die „Kollision der Künste“, eine Künstlerresidenz in Bischofswerda. (https://www.kodekü.de/)
„Das wäre ohne Corona nie entstanden“, erzählt sie, „der Impuls und die Energie kamen aus diesem Loch, in das ich gefallen bin.“
Letzten Endes sei die Pandemie für viele persönlich sehr schwer gewesen, aber auch voller Chancen, findet sie.
Auch Nadine Wölk stellt optimistisch fest: „Es haben sich Türen geöffnet, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt.“